Fränzi und Michel mit Familie – Zu Besuch in Koh Ker

„Schon auf halbem Weg durch den kambodschanischen Busch hören wir Kinderstimmen und Gelächter durch die Blätter zu uns herüber wehen. Unser Empfangskomitee, bestehend aus einigen kichernden 6. Klässlern, haben wir schon länger aus den Augen verloren. Geschickt haben sie, beladen mit Kohlköpfen, Hühnerfleisch und Schachteln voller Nudeln, den knappen Kilometer von der Strasse zur Schule auf dem schlammigen Pfad voller Pfützen und Schlaglöcher hinter sich gebracht. Es ist das Ende der Regenzeit und sicher ist der Weg schon wieder leichter begehbar, als noch vor einem Monat.

Wir sind mit Christin von der Ponheary Ly Fondation unterwegs zu einem Besuch in der Koh Ker Schule im Norden von Kambodscha. Pünktlich vor dem offiziellen Schulstartprozedere dürfen wir dabei sein und helfen eine Mahlzeit von Eyes Open zu kochen und an die Kinder zu verteilen.

Noch läuft der Sommerschulbetrieb und die Kindergärtler sind heute nicht da. Trotzdem mangelt es nicht an Kindern und unsere Mädchen (9 und 10 Jahre alt) kommen aus dem Staunen nicht heraus, dass die Kinder von Koh Ker während den Ferien freiwillig und gerne zur Schule kommen, unter anderem auch, weil es zu Essen gibt.

Wir dürfen helfen die Nudeln auszupacken, vergessen jedoch immer wieder unsere Arbeit, weil wir mit offenen Mündern den geübten 12 Jährigen beim Verhacken der Kohlköpfe zuschauen müssen. Mit Messern gross wie Macheten, die man in der Schweiz jedem unter 18 aus der Hand nehmen würde, zerkleinern sie mit leichter Hand und blitzschnell das knackige Grünzeug. Danach wird mit der grossen Kelle angerührt. Esa, der Fahrer, der sich nun auch als Koch beweist, rührt mit einem Werkzeug so gross wie ein Kanupaddel in einer ebenso riesigen Pfanne über den Flammen. Bald zieht ein feiner Duft über den Hof und durch die Schulzimmer.

Schnell noch machen wir eine Runde durch die Schule, sehen einfach, aber freundlich eingerichtete Zimmer, eifrige Kinder und eine Bibliothek in luftiger Höhe. Hier wird nicht nur gelesen, sondern auch gespielt und alle grüssen die Lehrerin freundlich beim Betreten des Raumes.

Schon ist Essenszeit und in den Klassenzimmern holen die hungrigen Kinder ihre Schüsselchen und stehen eng gedrängt in einer Reihe zum Nudeln fassen. Der Appetit ist gross, viele kommen für einen Nachschlag und einige packen am Schluss ein Säckchen voll für die Familie zu Hause ein. Die Kinder sind neugierig und scheu zugleich. Unauffällig folgen sie dem Besuch, doch wenn sie an uns vorbei durch eine Tür müssen, ducken sie sich weg als würden sie nichts Gutes erwarten. Lori, die Präsidentin von PLF (Ponheary Ly Fondation), erklärt uns, dass viele dieser Kinder zu Hause tatsächlich nicht sehr nett behandelt werden. Wie sollten die Eltern auch anders? Wir befinden uns hier im letzten Rückzugsgebiet der roten Khmer vor der Friendensschliessung 1999 und viele Erwachsene von heute sind traumatisierte Kindersoldaten von damals. Gegen den Schmerz der Erinnerung hilft oft nur der Alkohol. Wir sind erschüttert über diese Tatsache und erkennen die Notwendigkeit der Unterstützung in gerade diesen Regionen. School is the answer! …und der Weg aus dem Elend!

Die Entwicklung der Schule hier ist tatsächlich erfreulich. Bald schon gibt es eine neue Lehrerunterkunft und damit auch mehr offiziell zugewiesene Lehrer mit der nötigen Ausbildung. Ein schönes Zeichen für den Erfolg des Ernährungsprogramms ist der kleine Junge, der seine letzten Nudeln dem mageren Hund auf dem Hof und den Hühnern des Schulleiters zukommen lässt. Das hätte kein Kind zu Beginn des Programms getan, so ausgehungert wie sie damals waren.

Nun aber schauen wir der fröhlich schwatzenden und winkenden Kinderschar nach, wie sie im Busch verschwinden (der erst seit einigen Jahren minenfrei ist) und wundern uns, wie sie ohne Strassen ihren Heimweg finden.

Danke Claudia für die Ermöglichung dieses einmaligen Erlebnisses. Wir haben mit eigenen Augen gesehen, wie viel hier schon bewirkt wurde.“